Wittmann Persönlich

Zu einer spannenden Verkostung hatte Philipp Wittmann in kleinem Kreise ins D´Vine geladen. Im ersten Teil gab es die Guts- und Ortsweine des neuen Jahrgangs 2014.

All diese Weine haben wir in einem kurzen Stehkonvent probiert. Deshalb meine knappen Bewertungen, die sicher nicht in Stein gemeißelt sind, nur als Anhaltspunkt diene sollten, insbesondere die Punkte. Insgesamt hat mir aber Philipp Wittmanns 2014er Palette ausnehmend gut gefallen. Die Weine zeigten sich durch die Bank sehr stimmig mit sehr schöner Frucht, reifer Säure und bereits wunderbarer Trinkigkeit. Da wächst ein großer Jahrgang heran. Das gilt für Wittmann, aber wohl auch für Rheinhessen insgesamt, wo der Wettergott erst zur Blüte und dann speziell zur Ernte sehr gnädig war und so das Einbringen perfekt gereiften Traubenmaterials ermöglichte. Philipp Wittmann spricht in diesem Zusammenhang von „Glück gehabt“. Wie schön, dass wir dieses „Glück“ in den nächsten Jahren trinken dürfen.

Gleich der erste Wein war ein Volltreffer. Ich war eigentlich noch nie ein großer Scheurebe-Fan, doch inzwischen haben einige Winzer diese jetzt knapp hundert Jahre alte Neuzüchtung im Griff und erzeugen daraus sehr interessante, trockene Weine. Diese sehr aromatische 2014 Scheurebe trocken von Wittmann gehört dazu. Mit ihrer wunderbaren, animierenden Frucht und der guten Säure ist dieser Wein eine perfekte Sauvignon Blanc Alternative – WT92.

Floral, schlank, mit erdiger Mineralität der 2014 Westhofener Silvaner trocken, der einige in unserer Runde sehr begeisterte, mein Ding war er nicht unbedingt, ich fand ihn recht verhalten – WT87.

Sehr fein und elegant der 2014 Weisse Burgunder trocken – WT88.

Weich, cremig, aber auch mit guter Säure und nicht überladen oder fett der 2014 Westhofener Weisse Burgunder & Chardonnay trocken – Fassprobe – WT89.

Die Reserve-Weine von Wittmann ersetzen auf höherem Niveau die bisherigen ‚S’ Weine. Sehr überzeugend der 2014 Weisse Burgunder Reserve – Fassprobe –, sehr burgundisch mit toller Struktur und animierender Säure – WT92+.

Cremig, kräftig mit guter Fülle, aber wiederum nicht fett oder überladen der 2014 Chardonnay Reserve – Fassprobe – WT91+. Beide Reserve-Weine könnten noch deutlich zulegen und sind sicher ein kluger Kauf.

Sehr mineralisch mit feiner Frucht und guter Säure der für einen einfachen Gutsriesling sehr gut gelungene 2014 Riesling trocken – WT89.

Noch eine ganze Ecke darüber der aus den Lagen Brunnenhäuschen und Morstein stammende 2014 Westhofener Riesling trocken, ein hochklassiger Riesling, der mit seiner animierenden Trinkigkeit jetzt schon enormen Spaß macht, aber durchaus noch zulegen dürfte – WT92+. Exemplarisch zeigte dieser Wein sehr deutlich Philipp Wittmanns Streben nach einem qualitativ hochwertigen Unterbau mit den Ortsweinen zu seinen großen Gewächsen.

Sehr spannend aus einer neu gepachteten Lage, dem Niersteiner Orbel, der sehr ausdrucksstarke, körperreiche, mineralische 2014 Niersteiner Riesling trocken mit sehr präsenter Frucht – WT93+. Den fand ich richtig Klasse, da kommt sicher noch deutlich mehr.

Und last not least war da noch die Fassprobe von Wittmanns Versteigerungswein, dem 2014 La Borne Riesling trocken aus einer kleinen Parzelle am oberen Ende der Lage Morstein, die einen guten Ausblick auf das gab, was von den noch nicht abgefüllten, Großen Gewächsen zu erwarten ist. Mit dem La Borne, von dem es nur etwa 500 Liter geben wird, wächst ein großer Wein heran mit erhabener, aristokratischer Eleganz, kühler Frucht, kalkiger Mineralität, schlank und sehr präzise am Gaumen mit sehr guter, reifer Säure – WT95+.

Anschließend gab es zu einem feinen, perfekt auf die weine abgestimmten Menü von Christph Suhre drei interessante Mini Vertikalen.

Morstein – die kühlen Jahre

Für Philipp Wittmann waren 2002 und 2013 die beiden kühlsten Jahre. Das führt nicht automatisch zu schlechteren Weinen. Sie sind halt nicht so prall und üppig wie die Weine aus den wärmeren Jahren, altern aber sicher nicht schlechter. Statt fruchtiger Opulenz halt mehr straffe Struktur. Letztlich ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, welchen Stil Wein man bevorzugt.

Das 2013 Morstein GG zeigte sich, wie viele andere 2013er GGs derzeit auch, in bestechender Frühform, so wie ein großer Bordeaux in der Fruchtphase. Straff in der Struktur mit kräftiger, aber reifer Säure und puristisch schöner Frucht – WT95+. Ähnlich kam der 2008 Morstein GG ins Glas, der aber schnell ziemlich üppig und auch etwas breit wurde – WT93. Noch so präsent war der großartige 2002 Morstein GG, so frisch, so dicht und lang, hat noch Potential für lange Jahre – WT96.

La Borne – der Versteigerungswein

Für Philipp Wittmann war der 2012 La Borne aus dieser kleinen Parzelle am oberen Ende des Morsteins der bisher spannenste. Ich konnte das gut nachvollziehen. Ein großer, absolut stimmiger Wein mit endlosem Abgang – WT97. Etwas verhalten wirkte der 2011 La Borne, was aber für viele der großen 2011er gilt, die sich stückweit verschlossen haben. Da kommt in ein paar Jahren wider deutlich mehr – WT93+. Die Kraft und die Herrlichkeit dann 2009 La Borne aus einem reifen, opulenten Jahr mit kerngesunden Trauben und teilweise etwas fetten Weinen. Der La Borne hatte aber genügend Grip um das zu verdauen und zeigte sich in großartiger Form – WT96. Das galt übrigens auch für den 2009 Morstein GG, den einer aus unserer Runde mitgebracht hatte. Der zeigte bei aller Cremigkeit eine wunderbare, kühle Frucht und hatte eine sehr gute Struktur – WT96.

In 2013 gab es übrigens keinen La Borne. Philipp Wittmann brauchte das hochwertige Traubenmaterial für den 2013er Morstein.

Chardonnay aus Rheinhessen

Rassig, schlank, noch sehr jung mit strammer Säure der 2013 Chardonnay S, baute enorm im Glas aus und hat sicher viel Potential – WT92+.

Der 2008 Chardonnay S wirkte in diesem Flight im Vergleich etwas karger und schlanker – WT91.

Der 2001 Chardonnay S zeigte eindrucksvoll, was Chardonnay aus Rheinhessen kann und warum es lohnt, auch diesen Weinen ein paar Jahre Reife zu gönnen. Der war perfekt gereift, wirkte aber noch so frisch mit cremiger Fülle, aber auch großartiger Struktur, einfach einsame Klasse und jede Suche wert – WT95.

Kleine Best Bottle auf der D´Vine Terrasse

Unseren spendablen Gastgeber zog es nach der Verkostung leider direkt zurück nach Westhofen. Uns zog es bei prächtigem Wetter auf die Terrasse des D´Vine. Schließlich gab es ja noch ein paar mitgebrachte Flaschen ihrer Bestimmung zuzuführen.

Der 1978 Batard Montrachet von Delagrange-Bachelet hatte eine tiefe, goldgelbe, brilliante Farbe, war immer noch so frisch, schlank im positiven Sinne und wirkte mit immer noch guter Säure geradezu rassig. Dazu kamen eine salzige Mineralität und immer mehr Mandelnoten. Baute immer mehr im Glas aus – WT95. Schon erstaunlich, wie gut solche Weine reifen und welches Standvermögen sie haben. Premox war damals noch ein Fremdwort. Rassig, mineralisch, schlank und noch so taufrisch der 2004 Hipping von St. Antony – WT94. Großartig der 2005 Niedermenninger Herrenberg Auslese*** von Molitor, der das Zeug zur Legende hat, sich aber nur in ganz kleinen Schritten öffnet. Man spürt die gewaltige Sunstanz dieses Weines und hofft, dass davon noch etwas da ist, wenn er in 10 Jahren richtig aufblüht – WT95. In erster Bestform zeigte sich wieder das monumentale, immer noch so taufrische 2004 Kirchenstück GC von Bürklin-Wolf, dem ich durchaus zutraue, dass es auf diesem hohen Niveau noch zulegt – WT97+. Die größte Überraschung war für mich aber das 2008 Kirchenstück GC von Bürklin-Wolf, das jetzt stückweise aufblüht und große Ähnlichkeit zum 2004er zeigt – WT96+. Steht ab sofort auf meiner Suchliste. Und dann hatte ich Glücklicher zum fünften Mal innerhalb weniger Wochen den genialen 2012 Gantenbein Pinot Noir im Glas. Was für ein betörender, burgundischer Traum – WT95+. Auch mit dem nächsten Wein durfte weitergeträumt werden. Der 1974 Mondavi Cabernet Sauvignon Reserve gehört zu den besten Weinen dieses herausragenden, klassischen Kalifornien-Jahrgangs. Herrliche Nase mit viel Minze, Eukalyptus, Zedernholz, Leder und ätherischen Noten, gewaltiger Druck und Länge am Gaumen, dabei sehr balanciert und elegant in totaler Harmonie und keinerlei Alter zeigend – WT97. Top war der Jahrgang (Philipp Wittmanns Geburtsjahrgang) in Kalifornien, Flop in Bordeaux und Burgund. Um so erstaunlicher der gut trinkbare 1974 Clos des Lambrays, der zwar von deutlicher Säure dominiert wurde, aber auch eine feine, schmelzige Süße zeigte – WT88. Typisch Burgund halt, wo sich selbst im grottigsten Jahr mit etwas Glück immer noch etwas Trinkbares finden lässt. Erstaunlich elegant und stimmig (Uwe Bende, von dem diese Flasche stammte, würde jetzt fragen: wieso erstaunlich?) der 2000 Chateauneuf-du-Pape Vieilles Vignes der Domaine de la Vieille Julienne, der den heftigen Alkohol, die irre Dichte und das gewaltige Aromenbündel geradezu mit Grazie rüberbrachte – WT96. Und dann war da last not least noch eine zu Anfang sehr störrisch wirkende 1985 Erdener Treppchen Auslese trocken von Eymael, die aber mit viel Luft gefälliger wurde und sich recht gut trank – WT88.