Gantenbein aktuell

Die jeweils letzten 4 Jahrgänge Gantenbein Chardonnay und Pinot mit den aktuellen 2014ern konnte ich ausgiebig auf dem Gut verkosten. Dazu öffneten die Gantis noch ältere Jahrgänge. Spannend!

Im letzten Jahr war der herausragende, aber auch untypische Jahrgang 2013 der Anlass für eine solche Probe bei den Gantenbeins. Jetzt gab es eine aktuelle Bestandsaufnahme.

Den Anfang machte der 2014 Gantenbein Riesling trocken, der zweite, offizielle Jahrgang dieses Nachfolgers des früheren, restsüßen Rieslings. Nur knapp 1500 Flaschen gibt es davon. Die 15 Jahre alten Reben wachsen auf einer kleinen Parzelle mit Schieferböden. Natürlich noch sehr jung, dieser Riesling mit strammer Säure, sehr mineralisch, absolut trocken wirkend, die bescheidenen 4g Restzucker nicht spürbar, straff und sehr präzise in der Struktur, rassig und brilliant mit feiner Eleganz. Ein prächtiges Weinbaby, das auch von der Nahe kommen könnte. Schreit nach ein paar Jahren Lagerung und dürfte noch deutlich zulegen – WT93+. Den 2013er habe ich vor einem Jahr hier an Ort und Stelle ähnlich bewertet. In diesem Jahr zeigte er sich vor ein paar Wochen in einem Restaurant am Zürichsee bereits offener und weiter entwickelt auf WT95 Niveau. Da sollte der 14er auch locker hinkommen.

Der 2011 Gantenbein Chardonnay zeigte sich sehr kräftig mit bestechender, frischer Frucht, das noch sehr präsente Holz gut eingebunden, feine Reduktion, sehr gute Säure, wunderbare Fülle, aber auch mineralische Präzision, einfach groß – WT96. Wird sich über 10-15 Jahre weiter entwickeln. Im Vergleich dazu wirkte der 2012 Gantenbein Chardonnay feiner, reifer, schlanker, aber sehr stimmig, zeigte etwas weniger Biss als im letzten Jahr und dürfte durch eine etwas verschlossene Phase laufen – WT94+. Würde ich ein paar Jahre in Ruhe lassen. Da kommt noch mehr. Völlig aus der Art fällt der 2013 Gantenbein Chardonnay, der mit 80% Ernteverlust damals noch härter von der Verrieselung der Blüte getroffen wurde, als der Pinot. Da hingen teilweise nur einzelne, aber hochkonzentrierte Beeren an den Stöcken. Im letzten Jahr war er noch sehr verhalten und reduktiv. Jetzt fängt er an, sich als ein Tier von Chardonnay zu offenbaren. Ich war völlig aus dem Häuschen. So konzentriert, so spannend, so ein unglaublicher Tiefgang, so ein riesengroßer Spannungsbogen an Aromen. Fängt langsam an zu zeigen, was er drauf hat. Man sitzt einfach nur vor dem Glas und staunt. Ein irres Konzentrat mit Legendenpotential – WT97+. Ich würde mich nicht wundern, wenn das in 10 Jahren der erste Gantenbein Chardonnay mit WT100 wird. Riesiges Potential hat auch der 2014 Gantenbein Chardonnay, der noch etwas Reduktion, aber auch viel Biss zeigte. Was für ein Stoff! Natürlich hat der Kraft und Druck ohne Ende, bleibt dabei aber so fein, so elegant in totaler Harmonie. Dazu betörende Frucht, Finesse und erster, feiner Schmelz. Da geht die Weinseele auf. Der (mit Ausnahme 13) bisher wohl größte Gantenbein Chardonnay wirkt wie eine hypothetische Mischung aus 11 und 13 – WT96+.

Damit waren wir bei den Pinots, wo wir erst einmal ein paar ältere Jahrgänge ins Glas bekamen, die perfekt zeigten, welches Entwicklungspotential diese Weine haben. Der 2001 Gantenbein Pinot Noir hatte eine traumhafte, waldbeerige Nase mit diesem wunderbaren Spiel von roten und blauen Beeren, das war Burgund vom Feinsten. Am Gaumen zeigte er sich sehr elegant und finessig , dazu burgundischer Schmelz und gute Säure. Hat ewig gebraucht und zeigt sich jetzt von seiner allerbesten Seite – WT95. Der 2002 Gantenbein Pinot Noir hatte eine einfach geile Pinot Nase, mit der er förmlich aus dem Glas sprang, am Gaumen zeigte er sich erst etwas schlanker, baute aber enorm im Glas aus – WT95. Beide, sowohl der 2001er als auch der 2002er dürften noch eine gute Zukunft haben. Frischer als meine eigenen Magnums zeigte sich der 2005 Gantenbein Pinot Noir. Was für ein feiner, eleganter Schmuse-Ganti mit burgundischer Pracht und Fülle, balanciert durch gute Säure – WT96. Blutjung wirkte der 2010 Gantenbein Pinot Noir aus dieser Flasche (hatte ich auch schon offener im Glas), schlank, mit präziser Struktur und guter Säure, sehr viel Potential – WT94+. Sehr balanciert und elegant, aber auch stückweit verschlossen zeigte sich der 2011 Pinot Noir, den ich 2014 schon mit bis zu WT97 im Glas hatte. Aber der scheint jetzt eine kreative Pause einzulegen – WT94+. Zugänglicher, etwas fülliger, dabei so hoch aromatisch und elegant mit betörender Frucht und feinem Schmelz zeigte sich der 2012 Gantenbein Pinot Noir, dessen Offenheit aber darüber hinwegtäuscht, dass in diesem Wein noch Potential für mehr schlummert – WT95+. Und dann waren wir wieder in der „Abteilung Sprachlos“ mit diesem schlichtweg gigantischen 2013 Gantenbein Pinot Noir, der ähnlich wie der 13er Chardonnay völlig aus der Art fällt. Ein geradezu verrücktes Konzentrat mit unbändiger Kraft und unglaublich druckvoller Aromatik, perfekt kombiniert mit Eleganz, Finesse und sogar einer gewissen Leichtigkeit. Ein Monument im Werden, das nur in der Flasche bzw. im Glas aufhört (schade!!) aber nicht am Gaumen – WT97+. Wird sich sicher irgendwann verschließen. Den zusammen mit dem Chardonnay in 20 Jahren als perfektes Paar bei bester, eigener Gesundheit trinken zu dürfen, das wär’ s. Und damit waren wir beim ausgesprochen gut gelungenen 2014 Gantenbein Pinot Noir, der seine Premiere in diesem Jahr schon häufiger in meinem Glas feiern durfte. Traumhaft die verführerische, feinduftige Nase mit verschwenderischer Beerenfrucht, der Gaumen so stimmig, so elegant mit enormem Tiefgang und auch gewaltigem, gut verpacktem Druck. Das ist großer Pinot Noir mit enormer Zukunft. Eindrucksvoll zeigt dieser 2014er, wie die Gantenbeins beharrlich und erfolgreich ihr Ziel verfolgen, irgendwann zum Vorbild ihrer burgundischen Vorbilder zu werden. Es fällt schwer, da jetzt in dieser jugendlichen Fruchtphase davon zu bleiben. Schließlich hatten wir hier wie auch beim Chardonnay gut und gerne WT96+ im Glas. Seine volle Blüte wird dieser große Pinot, der sich zwischendrin sicher noch mal etwas verschließen wird, aber erst in gut 10 Jahren erreichen. Wohl dem, der davon hat.

Schwer beeindruckt hat mich diese Probe wieder, die hoffentlich im nächsten Jahr mit dem dann aktuellen Jahrgang 2015 ihre Fortsetzung findet. Faszinierend auch unsere Gastgeber, diese so unglaublich sympathischen Gantenbeins, die bei allem Ruhm und aller Ehre ihre Bescheidenheit und ihre Bodenhaftung nicht verloren haben.