Dezember 2023

Der Erste Advent

Wunderbarer, bis in den Abend ausgedehnter Sonntagslunch im Landhaus Mönchenwerth.

Ob wir Lust auf einen einfachen 2012 Rheingau Riesling von August Kesseler als Aperitif hätten, fragte uns Restaurantchef Sascha Bürgel. Wir hatten und bereuten das nicht. Alles andere als einfach war dieser Riesling. Noch so frisch und animierend mit dezent petroliger Fülle und guter Säure war der einfach rundum gut und balanciert mit sehr schönem Trinkfluss – WT92. Weiter ging es mit einem 2018 Cloudburst Chardonnay aus der Region Margret River in Australien. Der war enorm kräftig und druckvoll mit deutlichem Holz, zeigte aber auch eine schöne, nussige Fülle und cremige Textur, balanciert durch gute Säure – WT95.

Absolut genial und überraschend jung war der 1970 Trotanoy, der mit tiefer, altersfreier Farbe und immer noch stabilem Tanningerüst dringend 2 Stunden im Decanter brauchte, um sich einigermaßen zu entfalten. Das war schon beeindruckend, was der an Tiefgang, Konzentration und großartiger Länge zeigte. Immer mehr kamen verführerische, dunkle Frucht, Schwarze Trüffel und Pomerol-typische Opulenz. Dieser Trotanoy ist eine Legende im Werden – WT96+. Sehr kräftig mit gutem Rückgrat zeigte sich auch der 1979 Margaux, der mindestens eine Stunde im Decanter brauchte, um sich zu öffnen. Dann kam diese feinduftige Nase und diese traumhafte Kombination aus Eleganz und Kraft, die damals den großen Margaux Jahrgängen diese Bezeichnung der Eisenfaust im Samthandschuh eintrug. Dieser 79er ist ein echter Margaux Klassiker mit noch Potential für lange Jahre – WT96. Das war danach schon bestechend, wie sich dieser 1982 La Fleur Petrus weiterentwickelt hat. Unglaublich druckvoll, kräftig und schmelzig mit pflaumiger Frucht, locker in Petrus Qualität und immer noch altersfrei – WT97. Als ein Traum aus der Goldenen Zeit, als Kaliforniens Weine noch nicht überladen und mit zuviel Alkohol versehen waren, zeigte sich dieser frische, animierende 1990 Caymus Special Selection, wieder mit herrlicher, reifer Brombeere und viel Cassis, sehr minzig und mineralisch, dabei mit sehr präzisen Konturen – WT97. Ein Mörderteil mit noch gewaltigem Potential war dann wiedermal der 2001 Ridge Monte Bello, immer noch sehr jung, aber geradezu opulent und hedonistisch mit für Monte Bello auch untypisch hohem Alkohol (14,2%), bei aller Kraft und druckvoller Aromatik sehr elegant und balanciert wirkend. Dürfte sich über viele Jahre weiterentwickeln und zulegen – WT97+. Auf der Suche nach einem qualifizierten Absacker fand dann Sascha Bürgel im gut bestückten Keller des Hauses noch eine wunderbare 2005 Pommery Cuvée Louise. Die war noch so frisch und lebhaft mit tollem Mousseux, apfeliger Frucht, Brioche, enormer Fülle und faszinierender Nougat-Note, sicher mit hoher Dosage – WT95.

Bald ist Weihnachten

Wunderbares, feines Vorweihnachtliches Trinken gestern bei und mit Thomas in der Düsseldorfer D-Schänke. Und extra für den lieben Thomas hatte ich als Überraschung aus seinem Geburtsjahr einen 1983 Corton Clos du Roy von Antonin Guyon mitgebracht. Der war noch taufrisch und delikat mit roter Johannisbeere, Himbeere und etwas Minze - WT94. Der könnte noch weiter zulegen. 1983 hatte ich bisher nicht als guten Jahrgang für Rote Burgunder auf der Uhr. Aber nach einigen, tollen Überraschungen wie dieser hier muss ich das wohl korrigieren. Große Burgunder brauchen einfach viel Zeit um sich richtig zu entfalten, wie dieser 40jährige hier wieder eindrucksvoll zeigte.

Und damit kamen wir zu einem weiteren Jahrgang, bei dem ich mich wohl korrigieren muss. 1994 war nie mein Lieblingsjahr in Bordeaux, aber wie sich dieser 1994 La Conseillante entwickelt hat, das war schon bestechend. Sehr dichte, tiefe Farbe, enorme Kraft und Fülle mit feinem Schmelz, Waldbeeren in Bitterschokolade mit reiferen Tanninen, dabei immer noch so frisch - WT95. Warum das jetzt, wo er erst richtig kommt, meine letzte Flasche war, muss ich mir wohl selbst beantworten.

Grandios auch der 1994 Lafleur mit der typischen kräuterig, lakritzigen Aromatik. Aber der scheint in erster Reife eine sehr spannende Entwicklung zu nehmen. Da war jetzt auch viel dunkle Schokolade und erster Schmelz. Dieser Lafleur entwickelt sich Richtung Opulenz und wird vielleicht mal ein kleiner 47er - WT96+.

Deutlich mehr Luft hätten wir dem 1994 Vega Sicilia Unico geben müssen. Sehr würzig und jung mit viel Kräutern und Minze, balanciert mit guter Säure, drehte der im Glas unglaublich auf und wurde immer druckvoller - WT95+. Werde jetzt weiter im Jahrgang 1994 graben, der wohl nicht nur in Kalifornien (Traumjahrgang!) etliche Überraschungen für alle bereithält, die in 2024 ihren 30. Geburtstag oder ein 30jähriges Jubiläum feiern.

Großartig auch 1978 Solaia, der Erstlingsjahrgang, zeigte sich im Stil eines großen, perfekt gereiften Bordeaux aus den 80ern, sehr druckvoll, immer noch frisch und mit Potential für noch lange Jahre - WT96. Diese meine letzte Flasche hatte ich aus Versehen gegriffen, sollte eigentlich der 85er sein. Da erinnerte mich der Thomas kurz vor 22 Uhr daran, dass er eine sehr gut erhaltene Flasche 78er in der aktuellen Munich Auktion gesehen hatte. Jetzt aber Vollgas und ganz kurz vor Toresschluss war - Bingo!!! - die Flasche mein. Da konnten wir den Abend jetzt entspannt mit diesem perfekt gereiften, eleganten 2000 Gracia mit seiner Art präziser Opulenz ausklingen lassen - WT95. Ich liebe die Weine dieses kleinen Garagen Weingutes aus St. Emilion.