Juni 2015

Ein Traumnachmittag/Abend war das auf der Terrasse des Berens im Kai. Eigentlich wollten wir nur ein paar Freunden Hallo sagen. Doch da waren wir schon verhaftet. Eine prächtige 2008 Grüner Veltliner Loibner Berg Smaragd Magnum von FX Pichler kam auf den Tisch. Das war wie im Jahr zuvor ein Riesenstoff mit messerscharfer Struktur und salziger Mineralität. Fülle ja, aber eine glockenklare Frucht ohne Boytritis mit toller Länge - WT95. Was so gut in solch fröhlicher Runde begann, musste einfach fortgesetzt werden. Und das passierte mit einer Magnum 1993 Nuits St. Georges Clos de la Maréchale von Faiveley Noch so jung mit herrlicher Frucht, enormem Tiefgang und stabilem Tanningerüst – WT93.

Der folgte eine Magnum 2002 Trilogia von Christos Kokkalis. Die war einfach sexy mit reifer, süßer Beerenfrucht, dekadentem schokoladigem Schmelz, einem Hauch Exotik, aber auch großartiger Struktur für ein längeres Leben - WT95. Auf mindestens gleichem Niveau (einige von uns bewerteten ihn noch deutlich höher) aus der Magnum 2008 Gracia, der sich in bestechender Frühform zeigte, einfach dekadent lecker, aber ebenfalls mit genügend Rückgrat für eine längere Entwicklung – WT95.

Mit zwei Burgundern aus der 1tel verschafften wir und dann die nötige Bettschwere. Etwas anstrengend war die Nase des 1959Corton La Marechande von Berthon mit etwas Oxidation, traumhaft schön dafür der Gaumen mit generöser Süße – WT92. Ein perfekt balancierter, immer noch jung wirkender Burgundertraum mit verschwenderischer, rotbeeriger Frucht danach der Charmes Chambertin von Armand Rousseau – WT96.

Sylter Mittsommernachtsgeschichten

Eigentlich sollte man es nicht weitererzählen, aber Sylt zeigt sich in der zweiten Junihälfte von seiner allerbesten Seite. In der Zeit vor Beginn der großen Sommerferien und dem Einfallen der „Nordrhein-Vandalen“ ist alles noch leerer und entspannter. Dazu ist es praktisch bis 11 Uhr hell. Ganz dunkel wird es nie und das Farbenspiel am späten Abendhimmel ist unbeschreiblich. Aber die Rede soll hier eher von den vielen, schönen Weinen sein, die wir mit Freunden in größeren und kleineren Proben getrunken haben.

Kräftig geMüllert

Sylter Luft macht hungrig, durstig sowieso. Und wie der Bär schon kilometerweit vorher vom Honigtopf angezogen wird, führte es uns magisch immer wieder in Jörg Müllers neues Gourmet Bistro. Zu großer Küche in unkonventioneller Atmosphäre nahmen wir dort ein gepflegtes Vollbad in der einmaligen Weinkarte.

Groß die immer noch so rassige, blutjunge 2008 Hermannshöhle GG von Dönnhoff, die in sich langen Jahren mal auf der Ehrentafel der größten Hermannshöhlen mal einen der vorderen Plätze sichern wird – WT94+.

Danach haben wir uns Weinen aus dem Jahrgang 1998 gewidmet, der in Bordeaux auf dem rechten Ufer senationell gut war. So dieser fantastische 1998 Trotanoy, ein generöser, druckvoller Ausnahme-Pomerol mit großer Zukunft – WT96. Gefolgt vom geradezu irren, sehr hedonistischen 1998 Tertre Roteboeuf mit üppiger Frucht, der vom legendären 2000er des Gutes nicht weit weg ist – WT97. Sicher beide noch ein schlauer Kauf.

Draussen war es immer noch hell, als wir den noch so kraftvollen, sehr jung wirkenden Absacker ins Glas bekamen, 1982 Cos d'Estournel, der mit Furore aus der Versenkung wieder auferstanden ist. Was für ein großartiger Wein, eine moderne Legende – WT97.

Da freuten wir uns schon auf den nächsten JM Abend.

Und auch der war natürlich wieder genial. Aus Deutschlands bester Weinkarte verwöhnten wir unsere Gaumen mit drei großen Weinen von blutjung bis genau richtig. Klar wird dieses herrliche 2009 Kirchenstück GC von Bürklin-Wolf, der Montrachet unter den Rieslingen, noch zulegen. Aber auch jetzt war das schon ein gewaltiger Wein mit traumhafter Frucht, sehr mineralisch, unglaublich druckvoll und enormem Tiefgang – WT94+. Etwas offener der 1996 Leoville Barton, eine gewaltige Zedernholz-Oper in erster Trinkreife mit perfekter Struktur , herrlicher Frucht und mit Potential für Jahrzehnte – WT96. Unter alle drei "Leos" braucht der Barton zwar stets am längsten, bietet aber nicht nur gute Zukunft, sondern auch das beste Preis-/Leistungsverhältnis. Auf dem Punkt der enorm dichte, druckvolle 1988 Sori San Lorenzo von Gaja, immer noch so jung mit süßer Frucht, Rosen, teeriger Mineralität, Schwarzen Trüffeln und stabilem Tanningerüst für eine längere Zukunft.

Und was nimmt man zum Dessert, wenn man keinen Kaffee möchte? 1985 Taylor ist eine granatenstarke Wahl. Marzipan vom Allerfeinsten, feiner, süßer Schmelz, ein Riesenport -

Den dritten Müller-Abend starten wir am Spätnachmittag bei herrlichstem Sonnenschein auf Jörg Müllers Terrasse und schwelgen in allerbester Müller-Küche. Die beste Matjes-Variation meines Lebens aus vom Chef selbst handfilettierten Matjes, ein geniales Jakobsmuschel-Carpaccio auf selbst eingelegtem Perigord Trüffel. Dann noch ein großartiger Kaisergranat.

In den Gläsern erst eine nicht minder großartige, noch so junge 2004 Zeltinger Sonnenuhr Auslese** trocken von Molitor mit intensiver Schieferwürze, weißen Früchten und viel Tiefgang – WT92+. Dann ein überraschend starker 2002 Pommard Le Petits Epenots von Jean Luc Joillot aus diesem großen Burgunderjahr – WT93. Perfekter Abschluss ein sehr finessiger, immer noch so junger 1990 Beaune Clos des Ursules von Jadot, der aus guten Kellern wie diesem noch eine lange Zukunft haben dürfte – WT95.

Müller-Abende sind schon was ganz besonderes.

Und natürlich gab es davon noch einen Vierten mit Freunden bei JM, wo uns "Herr Ben" aus der großen Weinkarte zu genialer Küche mit feinen Weinen verwöhnte. Noch so schlank mit mineralischer Brillianz die 2004 Hölle Auslese trocken von Künstler, blutjung, rassig und mit langer Zukunft – WT96+. Ein Latour-Traum der Spätstarter 1985 Latour, der jetzt auf die Überholspur geht – WT96. Üppig, füllig und mit irrer Länge der damals umstrittene 2003 Pavie, der heute seine Kritiker mit einer für 2003 geradezu sensationellen Struktur Lügen straft – WT98.. Und perfekter Abschluss noch mal der herrliche 1985 Taylor Vintage Port.

Bei Selina in Kings Gourmet Boutique

Ich liebe Brioche, insbesondere in flüssiger Form, wie diesen betörenden 2005 Taittinger Comtes de Champagne. Der zeigt sich bereits erstaunlich zugänglich, elegant mit weißen Früchten, salziger Mineralität, gerösteten Haselnüssen und einem Hauch Süße - WT94. Passt einfach perfekt zur frischen, leicht jodigen Nordseeluft, die Champagner noch mal einen richtigen Kick gibt. Dazu genossen wir feine Schweinereien in Johannes Kings Gourmet Boutique. Ich liebe diesen kleinen, unkonventionellen Laden, sehr herzlich geführt von Johannes Kings Lebensgefährtin Selina Müller, der zu unseren regelmäßigen Mittagszielen gehört. Besonders angetan hat es mir natürlich die ständig wechselnde, spannende Weinauswahl zu meist wohlfeilen Kursen.

So tranken wir bei einem weiteren Besuch spannende Weine aus Portugal. Sehr elegant der 2010 Charme von Niepoort mit einer betörenden, feinen Himbeernase, am Gaumen mit burgundischer Pracht und Fülle. Ein Charmeur, bei dem der Name Programm ist - WT92. Würde ich gerne mal gegen einen guten Charmes Chambertin trinken. Sehr reif wirkte der 1976 Quinta do Noval Colheita aus der putzigen 0,2 l Flasche, aber mit faszinierender Aromatik ohne spritige Noten, Karamell, Rosinenmarzipan, lakritzig und mit der würzigen Kräutermischung eines guten Hustensyrups, cremig und lang am Gaumen - WT93.

Sommer auf Sylt (oder so ähnlich, 14 Grad , Regenschauer, kräftiger Seewind) beim nächsten Besuch. Natürlich gut beschirmt draußen. Aber wir hatten reichlich Sonne im Glas.

Sehr fein und elegant der 2012 Bien Nacido Chardonnay von Au Bon Climat – WT90. Drei in ihrer Art völlig unterschiedliche, aber alle drei begeisternde Pinots kamen danach in unsere Gläser. Tiefgründig und sehr mineralisch mit noch viel Potential der 2008 Spätburgunder St. Paul von Friedrich Becker – WT93+. Offener, hedonistischer mit saftiger, beeriger Frucht und Röstaromatik der 2011 Pinot Noir Tribute von Wieninger – WT94. Ein burgundischer, großartiger Traum der einmalige, schon sehr zugängliche, schlichtweg außerirdische 2012 Gantenbein Pinot Noir – WT95.

Unser dritter Mittag dort startete mit einer 1999 Pommery Cuvée Louise, offen, cremig, animierend und schmelzig – WT93. Großes Kino danach der 2013 Morstein GG von Wittmann, der in bestechender Frühform einen guten Ausblick auf das gab, was da in ein paar Jahren mal im Glas begeistert. Präzise Frucht, sehr gute Struktur und rassige, aber reife Säure, schon mit viel Spaß antrinkbar – WT95+. Dagegen schwächelte der 2012 Halenberg GG von Emrich-Schönleber auf hohem Niveau leicht. Der rechtzeitig dekantierte 2011 Gantenbein Pinot Noir ließ wieder sein gewaltiges Potential aufblitzen – WT95+. Schon erstaunlich reif die 1994 Wehlener Sonnenuhr Auslese von JJ Prüm mit tiefem Goldgelb, fruchtigem Schmelz und Fülle – WT94.

Und dann wären da noch ein paar weitere unserer Lieblingsplätze

Drinking in the rain. Mittsommer auf Sylt heißt eigentlich Sonne bis weit nach 11 Uhr. Aber nur, wenn sie scheint. Meist regnet es, so wie an diesem Abend, wo überall Mittsommernacht gefeiert wird. Also keine Fete am Strand. Aber dafür feine Weine bei Olaf im Weinraum. Natürlich draußen, Olaf hat ja eine Markise. Geiles, reifes, üppig-barockes Zeugs der 2007 Hubacker GG von Keller, der für 2007 eine erstaunlich gute Struktur und Säure hatte – WT96. Ungeheuer gut war das 2005 Ungeheuer GC von Bürklin-Wolf, sehr mineralisch mit großartiger Fülle – WT94. Und dann haben wir uns noch mit dem großartigen 2011 Columella von Sadie die Sonne ins Glas geholt, während es von oben schüttete. Eine hoch spannende, von Syrah dominierte Cuvée, die kraftvoll und leichtfüßig zugleich rüberkommt, in der Nase ein ganzer Marktstand reifer, vorwiegend rotbeeriger Früchte, dazu Minzfrische, am Gaumen sehr würzig, mit dem Bleistift von Mouton und immer noch kräftigen Tanninen. Wird sich über etliche Jahre weiterentwickeln und dabei jedes Mal anders schmecken – WT94+. Mittsommernacht auf Sylt ist einfach geil. Es sollte einfach nur ein Dach drüber sein.

Auf der Terrasse des Munkmarscher Fährhaus feiern wir dann den Start des Sylter Sommers. 14 Grad und bedeckt war die Vorhersage, 20 Grad und wolkenlos war das Ergebnis. Mitgeholfen haben vier Freunde und drei große Weine. Großes Kino der 2003 de Trafford Chenin Blanc in der Cape Wine Guild Edition, der sich mineralisch, mit gut integriertem Holz und mit feiner Kräuternote im besten Sinne burgundisch präsentierte – WT94. Mindest auf diesem Niveau der 2005 de Trafford Perspective, ein auch aromatisch großer "Bordeaux", als Cuvée aus Merlot Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon, ebenfalls in der Cape Wine Guild Edition – WT95. Beide Weine zeigten nicht nur deutlich die mögliche Klasse und südafrikanischer Weine. Sie sind auch mit jeweils unter 800 Flaschen ultrarar. Daneben lagen wir alle beim Raten des 2006 d'Alceo vom Castello di Rampolla, einem sicherlich großen Wein, tintig, kräftig, dicht, sehr konzentriert und dunkelbeerig mit deutlichen Tanninen, der aber aromatisch nichts von Toskana oder Cabernet hatte – WT94.

Danke für die tollen Weine, liebe Sindy, danke für die Sommer-Geburtshilfe, lieber Stefan und lieber Rocco. Das wird ein geiler Sommer.

Das Publikum im Bistro des Stadt Hamburg ist ziemlich alt, die Weine aus der großen Karte dankenswerterweise auch. Die enge Bestuhlung erinnert an Ryanair, der kompetente, sehr freundliche Service eher an die Lufthansa First Class.

Einen perfekt gereiften 2003 Kalkofen GC von Bürklin-Wolf haben wir uns gegönnt, der für den heißen Jahrgang noch eine erstaunliche Frische und Säure zeigte – WT92. Einfach geil die Cassis- und Brombeernase des 2003 Kanonkop Paul Sauer, die sich am fruchtigen, schmelzig fülligen Gaumen fortsetzte – WT92. Ich liebe Südafrika und seine Weine. Und natürlich auch die Sonne, die ich an diesem Tag gerne gegen ein paar der sturmgepeitschten Sylter Wolken eintauschen würde.

Es geht doch nichts über einen gut bestückten Sylter Strandkorb. Einen solchen hatten wir hier statt am Strand auf der Terrasse des neuen Severins in Keitum. Die 2013Hölle GG von Künstler hatte im letzten Herbst auf dem Gut zwar schon großes Potential angedeutet, sich aber noch recht zugeknöpft gezeigt. Jetzt legte sie einen fulminanten Frühstart hin mit puristisch schöner Frucht, mineralischer Brillianz, kräftiger, aber reifer Säure und beachtlicher Länge. Klar kommt da in den nächsten 2 Jahrzehnten noch deutlich mehr, aber in dieser Frühform jetzt ist die Hölle einfach unwiderstehlich - WT93+.

Absolut genial und in erster Reife der 1998 Sassicaia, von allen trinkbaren (Sassicaia braucht gut 12-15 Jahre) Sassis einer der allerschönsten. Die Finesse, die Eleganz, die Struktur und die Mineralität eines großen Lafite mit einem Schuss italienischer Lebensfreude -WT96. Auch der mit reichlich Zukunft und dazu ein echter Sonntagswein.

Und wenn dazu die Pufferwolken über den weißblauen Himmel ziehen, dann ist das der Himmel auf Erden, oder ganz einfach Sonntag auf Sylt.

Zu den Logenplätzen der Insel gehört die Terrasse des Budersand in Hörnum, wo bei schönem Wetter eine Art Mittelmeerstimmung aufkommt. Dort dann mittags zu sitzen an der Côte d'Hörnum und die Seele baumeln lassen, das hat was. Klein und fein die Mittagskarte, groß und noch deutlich feiner Herrn Kallenbergs meisterliche Weinkarte. Aus der haben wir uns z.B. das sehr elegante, immer noch so frische, animierende 2002 Kirchenstück Auslese trocken von Künstler gegönnt – WT94. Oder aus der halben Flasche diese schlichtweg außerirdische, sehr mineralische, unendlich lange 2001 Zeltinger Sonnenuhr Auslese*** trocken von Molitor – WT97. Auch solche Raritäten wie diesen einen fantastischen, immer noch taufrischen, eigentlich noch zu jungen, extrem komplexen Zieregg Sauvignon Blanc IZ Reserve von Tement mit enormem Tiefgang darf man nicht liegenlassen – WT96+.

Gut aushalten lässt es sich auch im lauschigen Garten der Vogelkoje, wo eine sehr umfangreiche Weinkarte wartet. Ein großer Fan des deutschen 2009er Jahrgangs bin ich derzeit. Die Weine haben sich toll entwickelt und zeigen sich momentan in bestechender Form. Zwei solcher Prachtexemplare hatten wir im Juni dort vor uns. Voll da das mineralische 2009 Kastanienbusch GG von Rebholz mit reifer Frucht und cremiger Textur, macht einfach Mörderspaß - WT94. Ein geiles Gerät ist die 2009 Wallufer Walkenberg Spätburgunder Spätlese trocken von J.B. Becker, die gerade erst anfängt, sich zu öffnen. Da ist soviel Kraft, soviel Druck, so eine fruchtige Fülle und so eine irre Länge. Chancenlos in Jungweinproben macht der die Konkurrenten ab Alter 10 alle platt - WT93+. JB ist weiß wie rot immer eine Bank.

Eine große Lücke hinterlässt in Kampen das leider geschlossene Wiin Kööv. Aber dafür gibt der sehr talentierte Patrick Schweiger im Gogärtchen mit einer ständig wachsenden, spannenden Weinkarte richtig Gas. Grosses Kino im letzten(?) Glas eines schönen Abends dort das blutjunge, rassige 2013 BrunnenhäuschenGG von Wittmann. Eigentlich zu jung, aber schon erstaunlich offen und einfach sexy mit superber, präziser Frucht, intensiver Mineralität, feiner Kräuternote, strammer, aber reifer Säure und einfach schon geiler Trinkigkeit. Das neue Gogärtchen und dieses Brunnenhäuschen passen einfach perfekt zusammen.

Im Wittenbrinck´s

Ein feines Boutiquehotel in Keitum ist das, dieses Wittenbrinck´s. Sein Alleinstellungsmerkmal ist ein bestens sortierter Weinkeller mit sehr freundlichen Preisen, der exklusiv den Hotelgästen zur Verfügung steht. Hier durften wir uns einen Abend lang mit einem Stammgast des Hauses austoben. Dabei ging es zu wie in einem großen Spielzeugladen, in den eine Horde Kinder einfällt. Jeder greift nach seinem Lieblingsspielzeug, aber alle wollen zusammen spielen. Wir haben uns trotzdem bemüht, in die Reihenfolge der „Spielzeuge“ etwas Struktur zu bringen.

Perfekter Start ein 2002 Grands Echezeaux von DRC, erstaunlich zugänglich, aber mit gewaltiger Struktur, Kraft und Säure. Baut enorm im Glas aus und wird immer druckvoller in der Aromatik. Ein großer, kompletter Burgunder mit enormem Tiefgang, der über lange Jahre weiter zulegen wird - WT97. Damit waren wir auf den Pinot Geschmack gekommen. Doch der nachfolgende 2005 Brauneberger Klostergarten Pinot Noir trocken*** von Molitor wirkte danach fast wie Wasser, ein netter, gefälliger, molliger Wein, mineralisch mit feiner Himbeernote – WT89. Die vom DRC verwöhnte Karawane zog schnell weiter zu einem 2007 Wildenstein Spätburgunder R von Huber, der sich in Topform zeigte. Sehr elegant, finessig, sehr burgundisch, nichts badisches, baute enorm im Glas aus und dürfte eine große Zukunft haben – WT94+.

Schwierig das 2009 Brunnenhäuschen GG von Wittmann, das ich gerade hier auf Sylt in den letzten Jahren schon mehrfach mit WT95 im Glas hatte. Begann sehr gewöhnungsbedürftig, wurde gefälliger, dann etwas mastig und süß um nach längerer Zeit wieder besser zukommen. Von den Bewertungen hatte ich von anfänglichen WT90 bis zu WT93+ zum Schluss alles drin. Einfach noch mal 1-2 Jahre in Ruhe lassen, dieses Brunnenhäuschen, das kommt schon noch wieder.

Reif, weich und zugänglich mit süßer, reifer Frucht, aber wenig Säure der 2005 Morstein GG von Keller, da fehlten Struktur und Biss, die Klaus Peter Kellers hochklassige, heutige Morsteins auszeichnen – WT90. Und damit waren wir beim noch erheblich zu jungen 2013 Morstein GG von Keller, fordernd mit gewaltiger Substanz und kräftiger Säure, derzeit etwas reduktiv und verschlossen wirkend, aber man spürt das Mörderpotential dieses Weines, der mal irgendwo bei WT95-97 landen wird. Noch eine Ecke drüber der 2013 G-Max, ein unglaubliches Konzentrat mit extrem druckvoller Aromatik und irrer Frucht. Der hat das Zeug zur Legende und wird Geduldige mal mit WT97-98 verwöhnen. Grund genug also, die eigene Kellerkiste noch mindestens 5 Jahre nicht zu öffnen. Dass Warten lohnt, zeigte eindrücklich eine perfekte Flasche 1999 Dalsheimer Hubacker trocken „G“. Reife, gelbe Früchte, immer noch gute Säure, Kräuter, ein Hauch Lakritz, so wunderbar cremig und lang am Gaumen – WT94.

Warten ist sicherlich auch angesagt beim 2008 Halenberg GG von Schäfer-Fröhlich, der sich momentan mit massiver Säure sehr bissig, kernig und etwas grün präsentierte. Aber das ist halt auch der Jahrgang, da kommt mit den Jahren wohl noch deutlich mehr – WT90+. Voll da hingegen der 2007 Halenberg GG von Emrich-Schönleber, dabei so präzise, so mineralisch mit toller Struktur. Und das in dem Jahrgang! Ein großer Wein, der sicher gut altert – WT95.

Sehr mineralisch, druckvoll mit guter Säure und Struktur die 1994 Zeltinger Sonnenuhr Auslese trocken** von Molitor – WT95. Die großen Weine von Molitor können nicht nur gut altern, sie müssen es auch, um alles zu zeigen. Sehr mineralisch auch das 2005 Erdener Treppchen Auslese trocken** von Molitor, das sich aber im jetzigen Stadium einen Tick zu süß und zu mollig präsentierte – WT92.

Danach tobten wir uns noch eine Runde im roten Bereich des Kellers aus. Einfach sexy und hedonistisch schön der süße, füllige, dichte und kräftige 2009 Lynch Bages, dem man aber anmerkte, dass er sich derzeit wie viele 2009er wieder etwas verschließt – WT95+. Da geht in ein paar Jahren noch mehr. Schlichtweg sensationell zeigte sich der 2003 La Mission Haut Brion, den ich noch nie auch nur annähernd so gut im Glas hatte. Zeigte sich als großer, enorm druckvoller Pessac, der ewig am Gaumen blieb – WT97. Und das aus 2003! Da freue ich mich auf noch mehr Überraschungen. Einfach geiles Zeugs auch der 1997 Ridge Monte Bello, dieser grandiose Pauillac aus Kalifornien mit fantastischer Kirschfrucht und genialer Struktur, große Zukunft – WT96.

Wunderbarer Abschluss ein 2002 Volnay Les Champans von Joseph Voillot, der sich mit feinem Spiel roter und blauer Beeren noch so jung, vibrierend, enorm kräftig und lang am Gaumen zeigte – WT93.

Bye Bye Sylt

Jetzt ging es zurück aus der frischen Nordseeluft in den Düsseldorfer Backofen. Herrlicher Abschluss am letzten Abend ein feines Abendessen bei und mit guten Freunden auf der Rantumer Düne. Grosse Weine kamen da ins Glas. Noch etwas jung und immer noch mit Babyspeck aus der Magnum der 2009 Altenberg Alte Reben von Van Volxem, mineralisch, finessig, aber auch noch leicht restsüß wirkend. Sicher besser in 3-5 Jahren, wenn sich die angestrebte, „harmonische Trockenheit“ eingestellt hat – WT92+. Schlichtweg grandios das Trio aus 1993 Petrus (dem wohl sicher besten Wein dieses Jahrgangs – WT96), dem mit der Perfektion flirtenden 1982 Trotanoy (noch so jung, Kraft und Schmelz in perfekter Symbiose, unendlicher Abgang, baut enorm aus – WT98) und dem 1999 Latour, der in den letzten Jahren enorm zugelegt hat. Das ist jetzt ein richtig guter, komplexer, mineralischer Latour mit hervorragender Statur – WT96.

Zum spektakulären Sonnenuntergang zeigte ein fantastischer, sehr druckvoller und komplexer, aber auch schmelziger 1962 Richebourg von DRC, dass großer Burgunder auch in 1962 geht. Erst, als die Sonne verschwunden war, fing ein später stärker werdender Korkton an, dieses einmalige Weinerlebnis etwas zu trüben. Da war es dann leider vorbei mit den vorherigen WT97. Dafür legte ein 1962 Volnay Caillerets von Jaboulet-Vercherre immer mehr zu. Sehr aromatisch, kräftig und lang am Gaumen – WT92. Perfekt gereifter, aber immer noch so präsenter und kräftiger Abschluss dieses schönen Abends ein 1959 Chateauneuf-du-Pape Les Grappes des Papes von Jaboulet-Ainé – WT94.