März 2014

Küchenparty im D´Vine

Schon traditionell läuten Toni und Christoph im D´Vine die ProWein am Freitag vor Messebeginn mit einer Küchenparty ein. Vier Winzer stellen ihre Weine vor und Christoph Suhre zaubert dazu mit seinem Küchenteam ein süchtig machendes Flying Dinner. Dazu legte der DJ vom Chateau Rikx auf. Einfach eine traumhafte Weinfete.

Und traditionell hatte der Wineterminator auch in diesem Jahr wieder ein besonderes Tröpfchen dabei. Mit einer Doppelmagnum 1979 Gruaud Larose aus seinem Geburtsjahr überrasche ich den guten Toni. Und der strahlte zurecht, denn der Gruaud – einer der Toweine des Jahrgangs – präsentierte sich aus dem großen Format immer noch so unglaublich gut mit zeitloser Eleganz. Einfach Gruaud pur mit betörender Frucht, viel Leder, Tabak, etwas Zedernholz, mit seidiger Fülle, totaler Harmonie und großartiger Länge – WT95. Kein Wunder, dass sich diese DM in atemberaubendem Tempo leerte.

Und noch eine Menge anderer, spannender Weine kamen ins Glas. Zu den Highlights gehörte dreimal Beaucastel. Möglich, dass wir den 2005 Beaucastel auf dem falschen Fuß erwischten. Der Zeigte sich erstaunlich weich und zugänglich, mit Kirsche, Schoko und irritierendem Brausepulver, unkompliziert und ohne den nötigen Tiefgang – WT90. Um Längen besser an diesem Abend der kräftige, zupackende, dichte, würzige, kräuterige, lakritzige 2010 Beaucastel mit jugendlicher Kirschfrucht – WT95. Erst ganz am Anfang der 1999 Beaucastel Hommage à Jacques Perrin, sehr saftig und scheinbar zugänglich mit intensiver Mineralität, aber mit massiven, darunterliegenden, gut verpackten Tanninen und hoher Säure. Das Beste kommt bei diesem Wein, der noch deutlich zulegen kann und wird, erst noch – WT94+.

Ein kräftiger, dichter Spaßwein auf hohem Niveau wie schon so oft der 2000 d´Aiguilhe – WT94. Endlich wieder in Topform der zuletzt so oft enttäuschende 1998 Chateau Montelena, der sich hier kräftig, dicht und mit sehr schöner Frucht zeigte – WT93. Ein absoluter Knaller zum Schluss 2009 Trilogia, ist das Christos Kokkalis Meisterstück? Der hatte so eine geile Frucht, eine herrliche Süße, betörende Röstaromatik und wunderbaren Schmelz, aber auch eine großartige Struktur. Ganz großes Kino und der Andi aus der Schweiz meinte spontan „nünenünzg“. Lassen wir es erst mal vorsichtig bei WT96.

Sonntags in "Halle M"

Während sich auf der anderen Rheinseite die Massen durch die prall gefüllten Hallen der ProWein wälzten, um aus viel zu kleinen Gläsern viel zu junge Weine bei viel zu hohen Temperaturen zu trinken (vom üblichen Messemief mal ganz abgesehen), sassen wir ganz entspannt an „Stand 9 in Halle M“. So haben wir kurzerhand unseren Tisch im prächtig am Rhein gelegenen Landhaus Mönchenwerth getauft. Statt überteuertem Messewürstchen gab es die geniale Wiedergeburt der mit Käse überbackenen Zwiebelsuppe und danach ersten, frischen Deutschen Spargel. Im Glas zunächst das noch sehr junge 2010 Scharzhofberger GG von Kesselstatt mit straffer, aber reifer Säure, hohem Extrakt und intensiver Schiefermineralität, macht jetzt schon viel Spaß, hat aber eine sehr lange, spannende Zukunft – WT92+. Gleichzeitig war dieser großartige Wein mal wieder eine Lehrstunde in Sachen „Alkohol als Geschmacksträger“. Was hier mit schlappen 11,5% in die Nase und an den Gaumen gezaubert wurde, sollte ruhig einige Winzer zum Nachdenken anregen. Großes Kino danach der 1991 Ridge Monte Bello mit dem Jubiläumsetikett zum 100(!)jährigen Bestehen der einstigen Monte Bello Winery. Tiefes Schwarzrot, reife, leicht portige Frucht, Cassis, Schwarzkirsche, etwas Unterholz, die Mineralität der Holzkohle, baute enorm im Glas aus, feine Süße, irre Lange, ein Kalifornien-Klassiker - WT96.

Der Supergau

Prall gefüllt mit Winzern aus aller Welt natürlich auch das Berens am Kai. Die fallen natürlich auch über die umfassende, spannende Weinkarte her. Da hatte ich noch richtig Glück, als ich die letzte Flasche 2007 Hochheimer Hölle trocken Goldkapsel von Künstler erwischte. Was für ein Wein! Mit der wuchtigen Fülle der Hölle, sehr kräftig und doch mit so präziser Struktur, mit unglaublicher Mineralität und schöner Extraktsüße. Im Gegensatz zu so vielen 2007ern noch blutjung und mit großer Zukunft - 95+/100.

Und dann kam der Alptraum. Grrrrr! Wie Bolle hatte ich mich auf diese 1983 Mouton Rothschild Magnum gefreut. Irritierend die erste Nase. Ein leichter Treffer? Schwierig, aber trotzdem groß. Wurde schwieriger, also bestellten wir einen hoch bepunkteten Edel-Italiener. Fruchtig, aufdringlich, da half nur der Weg zurück zum immer korkiger werdenden Mouton, der trotzdem mehr Spaß machte, als dieses Italo-Zeugs. Jetzt sind wir zu 2 Dritteln durch, der Kork wird stärker. Wir kapitulieren. Wie gut, dass ich davon noch im Keller habe. Dieser Mouton gehört zu den ganz großen 83ern und ist jede Suche wert.

Alles hat ein Ende

Auch die Prowein. Mit guten Freunden aus Sylt trafen wir uns zu einem Abschluss-Tasting in der Casa Mattoni. Frisch, sauber mit pikanter, Sauvignon Blanc typischer Frucht als Apero der 2013 Sauvignon Blanc Winkl von der Kellerei Terlan. Trank sich sehr schön, nur von den (nicht spürbaren) 14% Alkohol hätte ich gerne weniger, dann wäre das ein perfekter Sommerwein – WT88. In die Vollen ging es dann gleich mit dem 1992 Nonnenberg Chartawein von Breuer. Immer noch so präsent und frisch mit leicht petroliger, mineralischer Fülle. Enorm druckvoll mit perfekter Struktur und sehr guter Säure, ein Riese für noch lange Jahre – WT96.

In der 1tel würde ich mich sicher an 1983 Kirwan nicht mehr rantrauen. Aber aus dieser perfekt gelagerten Magnum war der immer noch sehr gut trinkbar, ein gefälliger, weicher, reifer Wein mit erdiger Mineralität, der gut im Glas ausbaute – WT90. Ganz am Anfang dagegen aus der Magnum der enorm kräftige 1983 Latour mit der Latour-typischen, leicht trüffeligen Walnussaromatik. Ein großer, voll trinkbarer Latour zum Niederknien mit Reserven für etliche Jahre – WT95(+ für die Magnum).

Dunkler und etwas reifer die Farbe des 1947 Clos Vougeot von Jaboulet-Vercherre als die im letzten Jahr zur Prowein getrunkene Doppelmagnum dieses Weines. Aber trotz mehr Reife stand dieser große Burgunder wie eine Eins im Glas mit immer noch feiner Frucht, mit cremiger Textur, hoch aromatisch, am Gaumen pure Seide – WT97. Tiefdunkel die dichte Farbe des enorm kräftigen, rustikal auftretenden 1953 Chateauneuf du Pape Tourville in einer deutschen Abfüllung von Erdmann&Köhler mit teeriger Mineralität, aber auch feiner Süße – WT93. Dürfte es aus perfekten Flaschen wie dieser sicher noch länger machen.

Die ProWein 2014 galt als die bisher beste und erfolgreichste. Da wollten wir uns nicht lumpen lassen und setzten einen entsprechenden Schlusspunkt. Schlichtweg atemberaubend der perfekt gereifte 1982 La Mouline von Guigal mit einem Pfauenrad an Aromen. Wein geht vielleicht anders, aber nicht besser – WT100 ohne wenn und aber.

Grosse Weine beim Holger

In feiner Runde hatten wir uns ziemlich spontan im Berens am Kai getroffen, um wie immer beim Holger großartig zu essen, und natürlich um unsere Nasen in ein paar spannende Weine zu stecken. Der „Wonnemonat März“ zeigte sich von seiner besten Seite, so dass wir nicht nur den Apero, sondern gleich die ersten Weine draußen auf der Terrasse zu uns nehmen konnten.

Hoch spannend der 1999 Turo d´en Mota Brut Nature, Spaniens ultrarare Antwort auf französische Jahrgangschampagner. Wirkte zu Anfang leicht verschlossen und brauchte viel Luft, enorm kräftig, furztrocken, sehr mineralisch, die erst verhaltene Frucht kommt deutlich, sehr komplex und mit viel Tiefgang, sehr lang am Gaumen, dürfte sich über 10+ Jahre weiterentwickeln – WT94.

War der 1986 Grüne Veltliner Auslese halbtrocken Ried Spiegel missglückt, oder sollte der so werden? In jedem Fall muss er damals irgendwann in der Gärung stehen geblieben sein. Wer produziert schon freiwillig einen halbtrockenen Wein mit 15,2% Alkohol. In seiner Jugend war das ein unnahbarer, schlafender Riese mit spürbarer Restsüße. Wenn der jetzt mit brilliantem, tiefem Goldgelb in möglichst große Gläser fließt (und vorher möglichst, was wir leider versäumten, drei Stunden in einer großen Karaffe verbracht hat), dann geht mit der Zeit unglaublich die Post ab. Reife Marille in der Nase, schon fast etwas likörig, aber nicht alkoholisch wirkend, feine Bitternote, am Gaumen geradezu unbändige Kraft, aber in eine druckvolle, cremige Textur verpackt, sehr mineralisch und würzig, unendlich lang – WT97. Hat sicher noch zwei Jahrzehnte vor sich, ein Monument. Aus dem gleichen, seinerzeit in der Wachau sehr guten Jahrgang, tranken wir noch einen 1986 Dürnsteiner Kellerberg Grüner Veltliner Smaragd von der WG Wachau. Der wirkte erst sehr reif in der Nase, doch das verschwand rasch. Tiefes Goldgelb, sehr würzig, entwickelte feine, leicht karamellige Süße, baute enorm aus, sehr lang am Gaumen – WT92. Der nachfolgende 1986 Ried Achleiten Honifogl Riesling trocken von der WG Wachau war 1988 in einer großen Falstaff-Probe als bester von 187 Weißweinen mit 18.6/20 hervorgegangen. 1200 Flaschen hatte seinerzeit davon Weinland Keiler in Dortmund, die in kürzester Zeit ausverkauft waren. Da war ich wohl damals mit großem Kofferraum zur richtigen Zeit am richtigen Ort. In der Jugend war das ein Traumstoff, der sich jedoch irgendwann für lange Jahre verschloss und erst ab etwa 2006 wieder öffnete. Jetzt haben wir 2013 und was kommt da ins Glas? Noch erstaunlich helle, sehr klare, brilliante Farbe, betörende, pikante Marille in der Nase, auch am Gaumen noch so jung, so präzise strukturiert, so elegant und fein mit fast moselanischer Mineralität. Ein sehr vielschichtiger, spannender, komplexer Wein, gemacht für die Ewigkeit – WT96.

Etwas ganz spezielles kam danach ins Glas, ein 2001 Au Bon Climat Hildegard. Der Legende nach ließ seinerzeit Hildegard, die Frau von Karl dem Großen, teile von Corton roden und dort Weißweinreben anpflanzen. Sie hatte schlicht weg die vielen Rotweinflecken satt. So entstand der Corton Charlemagne, der aber keinerlei Chardonnay drin hatte. Jim Clendenen griff diese Geschichte auf und produzierte diesen Wein namens Hildegard, der mit seinen 50% Pinot Gris, 30% Pinot Blanc und 20% Aligoté dem klassischen Corton Charlemagne sehr nahe kommen soll. Nicht nur die Geschichte ist Klasse, sondern auch der Wein selbst. Sehr vielschichtig und komplex mit betörender Fruchtigkeit, mit Veilchen, einem Hauch Vanille, feiner Kräuternote, Weihnachtsgewürz, am Gaumen noch frisch und in positivem Sinne schlank und wohl definiert, einfach stimmig mit großartigem Trinkfluss – WT95.

Es ist vielleicht der beste, jemals auf diesem Gut erzeugte Wein, dieser 1949 l´Arrosée, der wie der großartige 61er l´Arrosée wirkt, aber mit Turbolader. So fein, so elegant, ohne jedes Alter, sehr nachhaltig am Gaumen, einfach ein Traum – WT97. Noch eine Ecke drüber der unglaublich dichte, kräftige und lange 1949 Pavie in einer französichen Händlerabfüllung, der es in dieser Form locker mit allen modernen Pavies inklusive des 2000ers aufnimmt – WT100. War es da ein Wunder, dass der 49er Mensch, zu dessen Ehren ich diese beiden Flaschen mitgebracht hatte, vergnügt grinste?

Blind kamen auch die beiden nächsten Weißen auf den Tisch. Wir wussten nur, dass es sich um 2005 Hubacker GG von Keller und um den ultrararen, sündhaft teuren 2005 G-Max von Keller handelte. Der stets etwas barocke, füllige Hubacker zeigte sich in Bestform und explodierte förmlich in der Nase und am Gaumen. Klar musste das der G-Max sein, war er aber nicht. In seiner Fülle und überbordenden Aromatik walzte dieser Hubacker den armen G-Max förmlich platt – WT97. Der G-Max selbst, den ich lange vorher dekantiert vor 2 Jahren auf Sylt schon mal mit WT98 bewertet habe, zeigte sich etwas verschlossener und verhaltener, dabei sehr elegant und absolut stimmig. Er hätte sicher gut 2 Stunden in der Karaffe gebraucht – WT94+. Aber das ist ja das Schöne an Blindverkostungen. Etiketten und Etikettentrinker haben hier keine Chance. Da zählt nur, was im Glas ist. Der G-Max ist sicher der seltenste, gesuchteste und teuerste aller trockenen deutschen Rieslinge, aber nicht notwendigerweise der beste.

Ein heftiger, zupackender Brocken war immer noch der 1986 Lafleur. Wenigstens die Nase zeigte mit der typischen lakritzig-kräuterischen Aromatik schon eine Menge, am Gaumen kündeten mächtige Tannine noch von einer mindestens 10jährigen Wartezeit bis zur Reife – WT94+.

Mit zwei Weinen aus dem großen Kalifornien-Jahrgang 1991 endete unsere feine Probe. Auf dem Weg zur Legende ist 1991 Heitz Martha´s Vineyard, der letzte Wein, bevor dieser Weinberg aus Furcht vor der Reblaus neu bepflanzt wurde. Seit über 15 Jahren verfolge ich diesen genialen, immer noch so jugendlichen wein, der von Jahr zu Jahr zulegt und noch ein Mörderpotential hat. Das ist Martha´s pur mit Minze, Eukalyptus, mit erster Süße, mit fast brachialer Kraft und gewaltiger Länge – WT96+. Wer kann, legt diesen Wein noch 5 Jahre oder länger weg, denn da ist mit viel erforderlicher Geduld ein möglicher Nachfolger für 74 und 75 Heitz Martha´s im werden. Zum jetzt trinken fand ich an diesem Abend den etwas reiferen, offeneren 1991 Phelps Insignia noch einen Tick drüber. Einfach eine obergeile Mischung aus Schoko, Kaffee Minze, After Eight in Vollendung, feine Fruchtsüße, gewaltige Länge und viel Tiefgang. Auch hier spielt die Musik noch sehr lange – WT97.