März 2017

Mal was anderes

Mit feinen Weinen trafen wir uns im Antichi Sapori. Gleich der Start eine sehr gelungene, große Überraschung. In seiner gewaltigen Komplexität wurde der Scharzhofberger Riesling Brut von Kesselstatt blind für einen großen, reifen Champagner gehalten, sehr gutes Mousseux, enormer Tiefgang – WT94.

Darf ein gut gereifter, deutscher Sekt so gut schmecken?

Klar, man hätte darauf kommen können, dass die pikante, frische Frucht vom Riesling sein musste, und das die intensive Mineralität nur vom Schiefer und nicht vom Kalkboden stammen konnte. Aber es war dieser so überzeugende Gesamtauftritt, der uns auf die falsche Fährte lockte.

Und da am Tisch nur Profis saßen, wurde nach dem Aufdecken auch nicht zurück gerudert. Nein, das waren klare, überzeugende WT94, und dabei blieb es.

Weiter ging es mit zwei großen Chenin Blancs, die man blind nur dann nach Südafrika stecken würde, wenn man die Weine des Landes und überragende Qualität der Top-Chenins kennt. Beide Weine findet man übrigens nur selten auf südafrikanischen Weinkarten. Dort unten kennt man die Qualität und säuft das so gnadenlos weg wie hier die Keller-Weine.

Sehr komplex und geschmeidig mit guter Frucht, Apfel und Orange, mit salziger Mineralität und guter Säure, aber auch in positivem Sinne kernig der 2014 Cartology von Alheit, der sich gut entwickelt hat und jetzt mehr zeigt als noch 2015 – WT94. Stammt von dem, was man da unten Bushwines nennt, alte, unbewässerte Rebanlagen in ziemlich unwirtlicher Gegend. Was die Reben da mit geringem Ertrag produzieren, wird im Keller nicht aufgehübscht, sondern kommt ungeschönt und unfiltriert auf die Flasche. Das gilt übrigens auch für den spannungsgeladenen, sehr vielschichtigen, eigenständigen 2015 Skurfberg Chenin Blanc von Südafrikas Weinlegende Eben Sadie, der hier noch mal eins drauf setzte. Für mich war das im November 2016 auf dem Weingut Ebens bester Wein(WT96). Und wenn der dann so wie hier zuhause gleich gut schmeckt, dann heißt das was – WT96.

In Südafrika sind wir geblieben. Mein Lieblingswein in der Mullineux Palette war in Südafrika der nur in sehr guten Jahren produzierte 2013 Iron Syrah, bei dem der Name Programm ist. Man schmeckt bei diesem erstaunlich eleganten Wein förmlich die Mineralität der eisenhaltigen Böden – WT94+. War drüben einer meiner Favoriten. Ich habe Hendrik Thoma, der Mullineux, Alheit und Sadie in Deutschland über sein Wein am Limit vertreibt, seine letzten Flaschen abgeschwatzt. Jetzt muss ich nur noch versuchen, davon zu bleiben, denn dieser Wein zeigt erst in 5 Jahren alles. Das absolute Gegenstück zum eher schlanken Mullineux war dann der ziemlich fette, aber trotzdem faszinierende, dunkelbeerige, lakritzige Luddite Shiraz mit seinen heftigen 15,5%i Alkohol – WT92. War der Mullineux stilistisch eher Nordrhone, dann war das hier jetzt Australien.

Ich bin großer Guigal-Fan und da wähnte ich mich blind auch beim letzten Wein unserer kleinen Verkostung. Ein würziger Traum in der La Mouline-Liga war 2017 der sehr würzige, elegante Côte Rotie Lancement von Stéphane Ogier mit viel Veilchen – WT98. Muss ich dringend mal nach suchen.

Nur ein paar Nudeln

Eigentlich sollte es nur ein kleiner, schneller Samstagslunch werden. Eigentlich. Aber das Saittavini wäre nicht das Saittavini, wenn solche Dinge nicht anders laufen würden, als ursprünglich geplant.

Einen wunderschönen 2005 Annamaria Clementi hatten wir uns gegönnt, diese herrliche Champagner-Alternative aus Franciacorta von Ca´del Bosco, die sich mit wunderbarem Schmelz, mit reifem Apfel und Brioche, aber auch guter Mineralität und Säure immer mehr öffnet – WT94. Und dann nahm plötzlich das „Unheil“ seinen Lauf. Ein 2000 Figeac stand vor mir, den ich doch bitte probieren sollte. Das war alles andere als eine Strafe, denn dieser ausgesprochen gut gelungene, modernere Figeac zeigte sich zwar aus dieser Flasche etwas verschlossener als in den letzten Jahren, aber das wird sich wohl geben – WT93+. Ein 2011 Pinot Nero Barhtneau Vigna San Urbano von Hofstätter aus Südtirol kam als nächstes in unsere Gläser. Ein kraftvoller, nachhaltiger, noch sehr jung wirkender Pinot in erster Eleganz, der gut altern und noch zulegen dürfte – WT92+. Gefällt mir deutlich besser als der etwas korpulentere 2012er dieses Weines. Und das Warten lohnt, zeigte der 2007 San Leonardo IGT, der sich immer mehr öffnet mit der Struktur eines großen Bordeaux aus Medoc, aber wohl immer noch etwas braucht, um alles zu zeigen – WT94+. Voll da mal wieder der großartige 2007 Barolo Falletto von Giacosa, der perfekt den Tiefgang und die kernige Art eines großen Barolo mit wunderbarer Frucht und generöser Süße verbindet – WT95. Wenn Sie bisher keinen Barolo mochten oder jemanden kennen, auf den das zutrifft, mit diesem Wein ändert sich das sofort. Nicht anfreunden konnte ich mich mit einem 1997 Redoma von Niepoort, der mir 2003 zu jung war und jetzt, 14 Jahre später einfach zu alt – WT84. Klassischer Fann von Zeitpunkt verpasst. Und dann ging die Sonne auf. Sehr rar und „schweineteuer“ ist der 2011 Matarocchio von der Tenuta Guado al Tasso, der plötzlich von einem edlen Spender auf meinem Tisch und in meinem Glas landete. Dieser noch sehr junge 100%ige Cabernet Franc war schon beeindruckend mit verschwenderischer, dunkler Frucht, massiven, aber sehr reifen Tanninen, dabei ohne Ecken und Kanten, und bei aller Kraft so wunderbar balanciert und stimmig – WT96+. Wenn Sassicaia der Lafite Italiens ist, könnte das vielleicht der Cheval Blanc werden. Gehört unbedingt wieder in mein Glas und dann bitte länger dekantiert. Gut gefiel mir danach auch der 1996 Barolo von Giacomo Borgogno. Ein klassischer Old School Barolo aus einem großen Barolo Jahr, der sich jetzt in erster Reife zeigte, aber noch lange nicht am Ende ist. Tannine und Säure reifer, erdige Mineralität, der Rosenduft mehr im Vordergrund – WT92. Perfekter Abschluss dieses „schnellen Lunches“, der inzwischen in den Abend gemündet war dann ein 2007 Penfolds Grange. Der zeigte er sich, nachdem er zwei Jahre vorher bei der Master Class mit Peter Gago noch sehr kompakt und verschlossen war, dominiert von Holz, Tannin und hoher Säure, jetzt wie verwandelt, deutlich zugänglicher, saftiger, dabei sehr balanciert und harmonisch. Wird zwar nie zu den größten Grange aller Zeiten aufschließen, aber gut altern und noch zulegen – WT95+.

Große Ott Verkostung

Was war das denn für eine geile Strecke!

Zu einer Präsentation der aktuellen Weine des Weinguts Bernhard Ott aus Wagram in Österreich waren wir ins Berens am Kai geladen.

Meine ursprüngliche Liebe zu den österreichischen Weinen hatte sich in der Vergangenheit deutlich abgekühlt. Zu viele Wuchtbrummen, zuviel Überreife, zuviel Botrytis. Doch das könnte sich wieder deutlich ändern. Die faszinierenden Grünen Veltliner von Ott zeigten Frische und glockenklare, Boytritis-freie Frucht.

Schon der Basiswein aus dem zu Anfang schwierigen Jahrgang 2016 überzeugte. Österreich erlebte hier zumindest dort, wo man mit dem September-Regen umgehen konnte, ein ähnliches Weinwunder wie in Deutschland. Der sehr feine 2016 Grüne Veltliner Am Berg überzeugte mit Frische, pikanter Frucht, dem berühmten Pfefferl und wirkte fast etwas verspielt. Ein wunderbarer Sommerwein – WT88. Da bin ich schon gespannt auf die Lagenweine aus 2016.

In der Ott-Hierarchie kommt darüber das Fass 4, darüber dann der Klassiker Ott. Den haben wir parallel aus 4 Jahrgängen verkostet. Großartig trank sich in erster Reife der 2012 Grüne Veltliner Ott mit Kraft, Fülle und leichter Exotik – WT92.. Eine "fette Schnecke"(Andrea Bertam) war aus diesem warmen Jahr der prächtige, üppige 2013 Grüne Veltliner Ott – WT90. Im verdammt schwierigen Jahrgang 2014 gab es bei Ott keine Lagenweine. Die landeten alle im 2014 Grünen Veltliner Ott, der mit kerniger Art einen sehr guten Trinkfluss zeigte und in diesem Jahr durch die mutige Entscheidung des Winzers sicher eine sehr gute Wahl ist – WT91. Großartiges Potential und eine enorme Substanz zeigte der 2015 Grüne Veltliner Ott, der noch ein paar Jahre weggelegt gehört.

Großes Potential zeigten auch die drei Grüner Veltliner Lagenweine aus 2015 von Ott, alle drei mit betörender Frische. Der kernig-kräftige, pfeffrige Ried Spiegel, der cremige Ried Stein mit seinem wunderbaren Schmelz und der füllige Ried Spiegel mit seiner exotischen Frucht werden mit mehrjähriger Lagerung zu großartigen Gewächsen werden, wobei es schon heute schwer fällt, da von zu bleiben.

Sehr spannend auch der Jahrgangsvergleich von jeweils drei Jahrgängen Ried Stein (2011, 2012, 2013) und Ried Rosenberg (2011, 2012, 2013). Klare Favoriten dabei auf hohem Niveau für mich beim Stein der so quicklebendige 2011 Grüne Veltliner Stein mit Leichtigkeit, Finesse und knackiger Säure bei tollem Trinkfluss – WT94. Beim Rosenberg der so unglaublich stimmige, frische 2012 Grüne Veltliner Rosenberg mit einfach genialem Trinkfluss, dem man die 14% Alkohol nicht anmerkt – WT95. Wobei mir auch der füllige, kräftige 2011 Grüne Veltliner Rosenberg und der mit für den Jahrgang und die Fülle erstaunlich guter Säure und Struktur 2013 Grüne Veltliner Rosenberg mit jeweils WT93 sehr gut gefielen.

Ist da bei mir eine neue Österreich-Liebe entfacht? You bet!